EA Sports WRC - Ordentlich viel Sand im Getriebe
Seit diesem Jahr liegt die Rallye-Lizenz der WRC bei Electronic Arts, Entwickler Codemasters hat daraus das jüngst für Xbox Series X|S erschienene "EA Sports WRC" gebastelt. Ob die Simulation überzeugen kann, erfahrt ihr im Test.
von Marc Friedrichs
10.11.2023, 10:02 Uhr
Codemasters. Rennspielfans denken bei diesem Namen an "GRID" und "Dirt", aber vor allem auch an die legendäre "Colin McRae"-Reihe, die von 1998 bis 2009 und somit zwei Jahre nach dem plötzlichen Tod des Namensgebers die wohl beste Rallye-Simulation aller Zeiten war. Mit "Dirt" trat dann zwar eine neue Reihe in deren Fußstapfen, bot jedoch eher Arcade-Rennen abseits des Rallye-Sports. Erst die Ableger "Dirt Rally" (2015) und "Dirt Rallye 2.0" (2019) setzten wieder auf das klassische Gameplay der "Colin McRae"-Reihe.
Was Codemasters nach 2002 und "Colin McRae 3" fehlte, war die eigentlich mächtige Lizenz der FIA World Rally Championship, kurz WRC. Von 2010 bis 2013 entwickelte Milestone vier Teile der "WRC FIA World Rally Championship"-Reihe mit abwechselnden Publishern und zuletzt Nacon. Diese übernahmen dann auch die Lizenz und brachten von 2015 bis 2022 zusammen mit Entwickler Kylotonn bzw. KT Racing "WRC 5" bis "WRC 10" und im letzten Jahr "WRC Generations" auf die Xbox-Konsolen.
Nun liegen die Rechte bis einschließlich 2027 bei Electronic Arts und beim 2020 für 1,2 Mrd. US-Dollar übernommenen Entwickler Codemasters. Dort genießt die Reihe eigenen Angaben zufolge höchste Priorität. In den nächsten Jahren soll die "Dirt"-Reihe auf Eis liegen und neben "EA Sports WRC" will man nur noch die Formel-1-Lizenz bedienen. Bei so viel Fokus auf das Projekt und Expertise im Rallye-Genre sollte das Spiel doch eigentlich etwas werden. Haben Fans gehofft. Doch uns steckt erst einmal die Enttäuschung in den Knocken oder besser gesagt im Fahrgestell.
Und das überrascht etwas, denn wenn man sich erste Tests so anschaut, dann überwiegt aktuell die Begeisterung - vor allem in Bezug auf das Fahrgefühl und die Simulation an sich. Mir stellt sich dabei schon die Frage, was für ein Spiel die anderen Magazine überhaupt getestet haben. Bin ich etwa zu anspruchsvoll? Ja, in Sachen Fahrphysik & Co. macht "EA Sports WRC" alles richtig. Aber die technische Umsetzung wird dieser absolut nicht gerecht - auch nach einem ersten größeren Update nicht. Aber der Reihe nach.
Codemasters setzt bei "EA Sports WRC" auf die Unreal Engine 5. Sagt man zumindest. Was dabei herauskommt, kann aber mit den meisten aktuellen Rennspielen nicht mithalten - egal ob nun "Forza Motorsport", "Forza Horizon 5" oder wegen mir auch "The Crew: Motorfest". Das neue "WRC" bietet zwar je nach Rallye-Etappe eine nette Weitsicht, im Großen und Ganzen kommt der Titel aber eher wie ein Rennspiel der letzten Konsolengeneration daher. Die Optik wirkt matschig und nicht hoch aufgelöst. Haben die Entwickler vielleicht doch aus Versehen die Unreal Engine 4 genutzt? Für ein Vorzeigeprojekt mit "höchster Priorität" ist das am Ende etwas dünn, zumal Büsche und Details am Straßenrand auch sichtlich aufpoppen, wenn man sich ihnen nähert. Vor allem bei der Ansicht von Wiederholungen aus der TV-Kamera-Perspektive schaut das ziemlich dürftig aus.
Doch nicht nur die Spielwelt reißt nicht vom Hocker, auch den Automodellen fehlt es irgendwie an Brillanz - und dabei erwarte ich hier nicht einmal eine atemberaubende Darstellung wie in den "Forza"-Spielen. Codemasters schaffen es nicht einmal, die Abbildungen der Fahrzeuge direkt zu laden: startet man ein Rennen und schaut sich vorher die zur Verfügung stehenden Boliden an, werden Details und Texturen sichtbar nachgeladen. Reifenprofil, Zierleisten usw. werden erst nach ein bis zwei Sekunden scharf.
Jetzt kann man natürlich sagen, dass das ein Jammern auf hohem Niveau ist. Was zählt, ist schließlich auf der Piste. Und ja: das Fahrgefühl ist wirklich mehr als ordentlich umgesetzt und das Duell ist jeden Meter spürbar: Fahrer, Co-Pilot und Auto auf der einen Seite, die teils erbarmungslose Strecke auf der anderen. In keinem anderen Rennspiel-Genre ist eine gute Platzierung mit so viel Arbeit verbunden, wie in einem Rallye-Spiel. Und "EA Sports WRC" bietet an dieser Stelle alles, was Fans schon bei den "Colin McRae"-Spielen geliebt haben.
Da kann man einige Grafikschwächen verzeihen? Ja, könnte man. Vielleicht. Wenn denn das Spielgeschehen wenigstens sauber auf dem Bildschirm laufen würde! Trotz gefühlter Last-Gen-Optik beobachtet man in Kurven so immer wieder Tearing-Effekte - sprich das Bild zieht optisch ein wenig nach. Viel schlimmer ist allerdings, dass "EA Sports WRC" je nach Rallye bzw. Etappe alles andere als flüssig läuft - zumindest wenn man HDR nicht ausstellt, denn dann läuft das Ganze tatsächlich besser. Manchmal stockt das Bild regelrecht, was bei Rallye-Spielen, in denen es auf jeden Lenkeinschlag ankommt, alles andere als hilfreich ist. Ein erstes Update hat daran wie eingangs erwähnt auch leider wenig bis nichts geändert.
An dieser Stelle kann man den Test dann eigentlich auch abbrechen, denn alles was jetzt kommt, ist zwar schön, hilft dem Gesamteindruck aber keinen Schritt weiter. Ja, der Umfang ist groß, denn es gibt unzählige Rallye-Veranstaltungen in aller Welt und ebenso auch Fahrzeuge von aktuell bis historisch. Über 200 Etappen stehen zum Start zur Verfügung, mal fährt man in Monte Carlo, mal in Kenia, mal in Japan an diversen WRC-Schauplätzen. Mal geht es über Schotter, mal durch enge Gebirgsstraßen, mal durch die staubige Wüste, mal durch das schneebedeckte Skandinavien. Mit dem Builder-Modus kann man eigene Fahrzeuge entwerfen, zudem steht auch ein Lackierungseditor zur Verfügung. Fahrer können sich in der Karriere austoben und ein plattformübergreifender Multiplayer bietet Meisterschaften, Zeitfahren, Gleichmäßigkeitsrallyes und mehr. Doch was nützt das alles, wenn es an der technischen Umsetzung (noch) hapert...
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10.11.2023, 10:02 UhrEs wurden noch keine Kommentare abgegeben. Mach doch einfach den Anfang und sei die Nummer 1! 
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