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Sherlock Holmes - Ihm entgeht nichts

Paul Hackspacher

von Paul Hackspacher

03.07.2010, 13:28 Uhr 2

"Das Verbrechen ist allgemein, Logik ist selten" sprach der Mann während er durch das Zimmer schritt, in dem der Mord geschehen war, jedes Detail des Tatortes in sich aufsaugend. Der Mann: Sherlock Holmes. Sein Beruf: Privatdetektiv. Sir Arthur Conan Doyles Vorzeigekriminalist ist kein Neuling was Verfilmungen angeht, allerdings wagt Regisseur Guy Ritchie mit seinem einfach "Sherlock Holmes" genannten Film einen ungewöhnlichen Ansatz. Vorbei die Zeiten von Deerstalker-Hut und Inverness-Mantel - welche ohnehin nicht direkt aus den literarischen Vorlagen stammen. Es ist an der Zeit die dunkle Seite von Holmes ans Tageslicht zu bringen. Aber ob das gutgeht?

Der Film beginnt 1891 mit der Hatz nach einem okkulten Serienkiller, der sich als Aristokrat Lord Blackwood entpuppt. Holmes fasst den fünffachen Mörder für Scotland Yard und setzt damit den Grundstein für die eigentliche Handlung. Denn obwohl Blackwood gehängt wird, bleibt er nicht tot. Wenige Tage später wird seine Gruft von innen aufgebrochen vorgefunden, die Leiche ist verschwunden. Stattdessen liegen im Sarg die sterblichen Überreste eines Erfinders, hinter dem die schöne Irene Adler her ist, ihres Zeichens Diebin und Holmes heimliche Liebe. Indes taucht Blackwood wieder auf der Bildfläche auf und beginnt weiterzumorden. Sherlock Holmes und sein getreuer Freund Doktor John Hamish Watson haben alle Hände voll zu tun, um dem vermeintlichen Untoten auf die Schliche zu kommen und sich gleichzeitig Adler, ihren ominösen Auftraggeber, und eine uralte, magische Rituale praktizierende Geheimorganisation vom Hals zu halten.

Schon gleich zu Beginn wird klar, dass dieser Holmes von den üblichen Darstellungen abweicht. Er prügelt sich mit Wachen, besitzt einen sehr eigenen schwarzen Humor und liefert sich bissige Diskussionen mit Watson. Die Ironie dahinter ist, dass - obwohl diese Eigenschaften des Meisterdetektivs nahezu nie in anderen Filmen gezeigt werden - die wenigsten davon von der literarischen Vorlage abweichen. Dass Holmes eine klare Flüssigkeit trinkt, die laut Watson "zu Augenoperationen verwendet" wird, wirkt gar nicht mehr so abwegig wenn man weiß, dass der literarische Sherlock regelmäßigen Kokain-Missbrauch pflegte, welches gegen Ende des 19. Jahrhunders nicht nur legal sondern ein Anästhetikum bei Augenoperationen war. Sogar die Bareknuckle-Fights die Holmes austrägt, wurden in der Vorlage thematisiert, wenn auch nur in Gesprächen zwischen ihm und einem der Kämpfer. Und plötzlich sind die Ähnlichkeiten zwischen Guy Ritchies Sherlock und Doktor Gregory House gar nicht mehr so irritierend, insbesondere da der Serienmediziner mit dem schwarzen Sarkasmus auf Holmes basiert. Ein paar Abweichungen vom Original gibt es trotzdem, so war unter anderem in Doyles Romanen weder Watson ein Glücksspielsüchtiger, noch Irene Adler eine Kriminelle - aber sie könnten es theoretisch sein. Neben solchen dramaturgischen Freiheiten, die nicht auffallen, da es sich nicht um eine Romanadaption sondern eine eigens geschriebene Geschichte mit bekannten Charakteren handelt, wurden andere Dinge mit viel Liebe zum Detail übernommen: Holmes wohnt immer noch in der Baker Street 221B, raucht immer noch seine berühmte Pfeife und deduziert Tathergänge anhand winzigster Einzelheiten. Neben vielen, teilweise nur eingefleischten Lesern bekannten Charakteren sprüht der Film auch vor Zitaten aus anderen Holmes-Werken, die zur Wiedererkennung in den Film eingebaut wurden. Trotz der krassen Unterschiede zu anderen Präsentationen merkt man bei genauem Hinsehen sofort, dass mit Guy Ritchie hier kein profitgieriger Amateur sondern ein belesener Fan mit präzisem Detailwissen über Doyles Geschichten am Werk war.

Gespielt wird Sherlock Holmes von Robert Downey Jr., der für eine konventionelle Adaption des berühmten Detektivs vollkommen fehlbesetzt gewesen wäre, aber in dieser frischen Variante aufblüht - nicht zuletzt weil Ritchies Holmes viele Ähnlichkeiten mit üblichen Downey-Jr.-Rollen hat. Wer "Iron Man" gesehen hat, wird manchmal das Gefühl haben, Tony Stark vor sich zu sehen. Als Hauptcharakter wird der Film somit fast gänzlich durch Downeys Schauspiel getragen, was fast schon etwas schade ist, weil dadurch die ausgezeichnete Darstellung des Doktor Watson durch Jude Law leicht geschmälert wird. Law spielt Watson als einen integeren Charakter, der dennoch gekonnt bissige Antworten auf die sarkastischen Sprüche des leicht misanthropisch veranlagten Holmes zurückgeben kann. Beide Figuren ergänzen sich herrlich, so wie es auch ihre literarischen Vorlagen getan haben, wenn auch auf eine ganz andere Art als in den Büchern. Auch lobenswert sind die Darsteller der Nebencharaktere wie Mark Strong (Lord Blackwood), Hans Matheson (Lord Coward) und insbesonders Eddie Marsan (Inspektor Lestrade), deren Schauspiel unter der Interaktion Downey/Law allerdings häufig untergeht und daher nur in Szenen auffällt, bei denen einer der beiden Hauptfiguren fehlt. Leider weiß Rachel McAdams als Irene Adler nicht wirklich zu überzeugen, es gelingt ihr nicht, dem Charakter Tiefgang und Persönlichkeit einzuhauchen, was bei einer dem Gros der Zuschauer unbekannten Figur, die sich auch noch stark von der Vorlage unterscheidet, bitter nötig gewesen wäre. Die Rolle wäre mit einer anderen Schauspielerin besser besetzt gewesen, schließlich wurde McAdams nur auf das Bitten von Downey Jr. gecastet, der meinte, sie hätte das perfekte Alter, um als seine Angebetete durchzugehen. Zu schade, dass das kein ausreichendes Kriterium für eine passende Charakterbesetzung ist.

Besonders interessant an "Sherlock Holmes" sind u.a. auch die Kameraführungen. Da Holmes selber der Protagonist ist, übernimmt die Kamera häufig die Rolle als sein Werkzeug, als wäre der Meisterdetektiv selber der Kameramann. Er führt die Kamera immer dorthin, wo er selber gerade hinsieht, oder aber auch woran er gerade denkt. Ein Beispiel: Holmes erspäht eine Wache, die er auszuschalten versucht. Die Kamera zeigt ihn, wie er auf den Wachmann zutritt und ihm Schläge auf durch winzige Indizien als Schwachstellen identifizierbare Körperteile gibt. Holmes Stimme kommentiert das aus dem Off. "Kopf nach links geneigt, auf dem Ohr taub. Erster Angriffspunkt." Er schlägt dem Wachmann auf das Ohr, das Bild verlangsamt sich. "Zweitens, Kehle. Stimmbänder lähmen. Kein Geschrei." Holmes packt ihm am Hals, auch hier wieder Slow-Motion. "Drittens: Offenkundig Trinker, Rippenschlag in die Höhe der Leber." Ein weiterer Schlag in die Seite, in Zeitlupe gezeigt. "Viertens: Zieht das linke Bein nach. Faust gegen Kniescheibe." Holmes verpasst ihm einen Schlag auf das Knie. "Prognose: Bewusstlos 90 Sekunden, kampfunfähig eine Viertelstunde höchstens, vollständige körperliche Genesung unwahrscheinlich." Plötzlich sieht man wieder Holmes vor dem Kampf. Es stellt sich heraus, dass sich all das nur im Kopf des Detektivs abgespielt hat. Daraufhin führt dieser seinen Plan aus, alles läuft ab wie vorausgesagt, diesmal ohne Zeitverlangsamungen, die es in der Realität nicht gibt. Ähnliche Szenen gibt es, wenn Holmes eine Geschichte erzählt und das Bild einfriert, um bestimmte Details hervorzuheben oder bereits bekannte Ereignisse vorspult. Allerdings ist der Großteil der Geschichte in der normalen Erzählstruktur gefilmt, man braucht also keine Angst zu haben, dass man der chronologischen Reihenfolge der Story nicht folgen könnte.

Ein großes Lob muss man dem erstklassigen Soundtrack zusprechen, für den sich Hans Zimmer verantwortlich zeigt. Zimmer dürfte Cineasten von Soundtracks zu Filmen wie "The Rock", "Black Hawk Down", "Batman Begins" und "The Dark Knight" sowie der "Pirates of the Caribbean"-Reihe bekannt sein - sogar der "Simpsons"-Film wurde von ihm vertont! Gamer werden wohl am ehesten mit seiner Arbeit an "Modern Warfare 2" vertraut sein. Allerdings wurde Zimmer explizit von Guy Ritchie angehalten, von seiner üblichen Arbeitsweise abzuweichen und dem Film eine etwas andere musikalische Untermalung zu verpassen, die auch zur Stimmung der Handlung passt. Gesagt, getan: Obwohl die Melodien von "Sherlock Holmes" Zimmer-typisch theatralisch klingen, sind die Instrumente so gewählt, dass die Musik alt klingt, um die Zeit zu unterstreichen, in welcher die Geschichte spielt. Außerdem wird während vieler der Kampfszenen anstelle des Orchesters der Gesang von irischen Volksliedern eingespielt, deren Einbindung etwas seltsam anmutet, da weder der Handlungsort in Irland liegt, noch einer der Charaktere eine Verbindung zu diesem Land hat. Allerdings fügt sich der Klang dieser Lieder nahtlos in die restlichen Melodien ein und bietet dem Zuschauer eine Verschnaufpause zwischen all den auf die Dauer des 128-minütigen Filmes doch anstrengenden Stücken, die zum Spannungsaufbau dienen. In Verbindung mit der Vertonung muss man auch die solide deutsche Synchronisation unterstreichen. Die Stimmen passen allesamt zu ihren Figuren, Lippensynchronität ist permanent vorhanden und bis auf ein paar kleinere Schnitzer bei Stellen, die im englischen Original Wortspiele waren und sich nicht eins zu eins übersetzen lassen, ist auch die Wortwahl natürlich und verständlich.

1Fazit

Zu den Kommentaren (2)

KOMMENTARE


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Donat

Donat

05.07.2010, 19:10 Uhr

Ich wollte ja eigentlich nicht rein, aber jetzt muss ich vielleicht doch mal.

Freakwood

Freakwood

03.07.2010, 14:45 Uhr

Ich habe mir den Film im Kino angesehen und muss sagen, dass es das wirklich wert war. Hat riesigen Spaß gemacht :) = Smile

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