Portal / Artikel / Vermischtes / Redfall

Die Xbox vor dem Aus?! - Eine Analyse der aktuellen Lage

Erst der Einbruch der Verkaufszahlen, dann der Ärger mit der CMA in Sachen Activision Blizzard und schließlich das Debakel rund um "Redfall": die Xbox braucht derzeit für den Spott definitiv nicht zu sorgen und manche prophezeien ihr sogar das Aus. Zu Recht?

Info: Bei diesem Text handelt es sich um ein Transkript des am Ende verlinkten Videos.

von Marc Friedrichs

10.05.2023, 16:05 Uhr

Keine Frage: Microsoft hat gerade einen Lauf - und zwar leider einen nicht ganz so guten. Den Anfang machte die Tage die Bekanntgabe der Xbox-Verkaufszahlen, denn im ersten Quartal 2023 gingen diese deutlich zurück. Dann hat man, was die geplante Übernahme von Activision Blizzard angeht, einen ordentlichen Dämpfer bekommen, als die Competition and Markets Authority (CMA), die britische Wettbewerbsbehörde, den Deal zumindest im Vereinigten Königreich erst einmal untersagt hat. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, hat der "Redfall"-Flop die Diskussion über fehlende und vor allem gute Exklusivspiele für die Xbox-Konsole wieder aufleben lassen.

Während sich das PlayStation-Lager vor Schadenfreude kaum noch halten kann, ist die Enttäuschung bei vielen Xbox-Spielern riesig. Einige sagen, sie hätten kein Vertrauen mehr in Microsoft und die Konsole stünde mehr oder weniger vor dem Ende. Ist es um die Xbox wirklich so schlecht bestellt? Braucht man jetzt zwingend eine grüne Fan-Brille, um die Zukunft noch einigermaßen positiv zu sehen?

Minus 30 Prozent

Als Microsoft vor kurzem die Zahlen für das erste Quartal 2023 bekanntgegeben hat, staunte man nicht schlecht. Einerseits gab es die positive Nachricht, dass der Xbox Game Pass erstmalig für knapp 1 Mrd. US-Dollar Umsatz gesorgt hat. Doch zeitgleich teilte man auch mit, dass man im Vergleich zum Jahresanfang 2022 rund 30 Prozent weniger Xbox-Konsolen verkaufen konnte. Grundsätzlich war ein Minus zwar durchaus erwartet worden, weil das 1. Quartal des Vorjahres wirklich hervorragend lief und die PlayStation 5 mittlerweile ja wieder überall gut erhältlich ist. Dass es aber so deutlich nach unten ging, hat dann doch viele Fachleute und erst recht Spieler überrascht.

Gesamt muss man aber dennoch feststellen, dass das Xbox-Geschäft bei Microsoft läuft. Die Sparte trägt sich und sorgt für Gewinn. Der Xbox Game Pass ist rentabel und vor allem auf dem PC sind die Zugewinne recht deutlich. Die Sorge einiger, Microsoft könnte sich in absehbarer Zeit vom Konsolengeschäft zurückziehen, ist somit unbegründet und höchst unwahrscheinlich. Trotzdem muss sich Microsoft hier etwas einfallen lassen, denn je weniger Konsolen verkauft werden, desto weniger potenzielle Xbox-Game-Pass-Kunden gibt es. Und auch die Wachstumsmöglichkeit auf dem PC ist natürlich nicht unbegrenzt. Neue Anreize sollten die Redmonder also durchaus in absehbarer Zeit bieten.

Britischer Stolperstein

Große Hoffung, solche Anreize bieten zu können, hat Microsoft sicherlich in der Übernahme von Activision Blizzard. Keine Frage: Spielreihen wie "Call of Duty" oder "Diablo" - ob nun exklusiv oder teilweise auch nicht - täten dem eigenen Portfolio mehr als nur gut. Und neben dem klassischen Konsolen- und PC-Markt hätte man damit auch einen großen Fuß in den Bereich mobiler Spiele gesetzt - man denke nur an Entwickler King mit den "Candy Crush"-Titeln.

Einen deutlichen Dämpfer musste man allerdings hinnehmen, als die CMA die Übernahme Ende April in Großbritannien mit Hinblick auf das Cloud Gaming untersagte. Damit hatte nicht nur Microsoft augenscheinlich nicht gerechnet, sondern viele Experten ebenfalls nicht. Und dann ist da ja auch noch die Federal Trade Commission (FTC) in den USA. Diese hat ebenfalls wettbewerbsrechtliche Bedenken, kann die Fusion aber nicht selber direkt unterbinden. Deshalb hatte man bereits Ende letzten Jahres vor Gericht Klage eingereicht, wobei die meisten Juristen dieser jedoch keine all zu große Chance einräumen, weil die Begründung doch arg konstruiert erscheint.

Deshalb richtet sich der Blick hier eigentlich vollständig nach Europa: gegen die Entscheidung der CMA wird Microsoft in Berufung gehen, was allerdings mehrere Monate Zeit kosten wird. Aber dann ist da ja auch noch die EU. Die für den Wettbewerb zuständige Kommission will ihr Urteil über die Activision-Blizzard-Übernahme am 22. Mai bekanntgeben und bislang deutet sich zumindest nicht an, dass es hier eine ähnlich negative Entscheidung wie von der CMA geben wird. SOLLTE der Deal von der EU tatsächlich genehmigt werden, würde das Microsoft natürlich noch einmal ordentlich Rückenwind verleihen und es ist davon auszugehen, dass Microsoft die Übernahme dann auch zeitnah abschließt - unabhängig davon, was die Berufung in London ergeben wird. Im schlimmsten Fall könnte man das Cloud-Gaming-Geschäft in Großbritannien einfach aufgeben bzw. ausgliedern. Aktuell, so Microsoft, würde man auf diesem Weg im Königreich eh nur rund 5.000 Spieler erreichen. Darauf wird man zur Not verzichten können.

Ist die Activision-Blizzard-Übernahme also ins Stocken geraten und das Ergebnis ungewiss? Ja, auf alle Fälle. Ist das Thema bereits durch? Nein, definitiv nicht. Einzig eine negative Entscheidung der EU würde wohl dafür sorgen, dass sich Microsoft von seinen Plänen mit Activision Blizzard verabschiedet. Der 22. Mai wird in dieser Hinsicht also ein sehr, sehr wichtiges Datum werden.

Redfall & Co.

Die Xbox gibt es mittlerweile seit über 20 Jahren und immer wieder heißt es, dass Microsoft mit Exclusives a) kein glückliches Händchen hat und b) es davon sowieso viel zu wenig gibt. An dieser Stelle schon mal der Hinweis auf die nächste Episode unseres Backseat Gaming Podcasts, denn da schauen wir uns die Xbox-Exklusivtitel der letzten Jahre mal etwas genauer an. Lasst also gerne ein Abo da, damit ihr die Sendung nicht verpasst!

Wenn man sich die Exclusives von Xbox Series X|S anschaut, ist das natürlich recht übersichtlich. Wir hatten als AAA-Produktionen den "Microsoft Flight Simulator", "Forza Horizon 5" und "Halo Infinite", dazu gesellten sich kleinere Spiele wie "Grounded", "Hi-Fi Rush", "Minecraft Legends" oder "Pentiment". Nachdem das Jahr 2022 systemübergreifend allgemein recht ruhig war, sollte "Redfall" jetzt endlich wieder ein Highlight werden - gewissermaßen der Xbox-Topptitel des 1. Halbjahres 2023. Wenn die Bugs erst einmal beseitig worden sind - und das werden sie irgendwann definitiv sein, bleiben zwar belangloses Gameplay, eine oft dumme KI und auch die dürftige Umsetzung mit einer leblosen Spielwelt und teils schwachen Grafiken bestehen, aber dann ist "Redfall" immerhin spielbar und der eine oder andere wird damit auch zweifelsohne Spaß haben können. Klingt nach Durchschnittsware, die sonst besser bewertet wird? Ja, so ist es! Aber man muss ein Exklusivspiel, welches von Microsoft, Bethesda und Entwickler Arkane Austin entsprechend beworben wurde, nach eineinhalb Jahren AAA-Flaute einfach strenger bewerten. Da ist Mittelmaß zu wenig.

Ist "Redfall" aber am Ende ein Sargnagel für die Xbox? Nein, natürlich nicht. Und sowieso kann man Microsoft hier die Arschkarte nur bedingt zustecken, denn Konzeption und Entwicklung von "Redfall" starteten bereits vor der Übernahme von ZeniMax Media samt Bethesda und dessen Studios, die Microsoft 2020/21 rund 7 Mrd. US-Dollar gekostet hat. Außerdem ist Arkane Austin eben nicht Arkane Lyon. Klar, mit "Prey" hatte man 2017 ein wirklich gutes Spiel vorzuweisen. Auf der anderen Seite findet sich aber das ebenfalls nur durchschnittliche "Wolfenstein Youngblood", welches man 2019 zusammen mit Machine Games entwickelt hat. Die herausragenden "Dishonored"-Spiele entstanden dagegen bei Arkane in Lyon. Trotzdem muss man Microsoft natürlich vorwerfen, dass sie in die Entwicklung von "Redfall" nicht eingegriffen und das Spiel am Ende in diesem Zustand überhaupt veröffentlicht haben. Warum hat man aus dem Release nicht zumindest einen Early Access gemacht? Der hätte viel Kritik gar nicht erst aufkommen lassen und das Team hätte für die Fertigstellung noch mehr Zeit erhalten. So bleibt das einzig Positive, dass man seinen Studios eben NICHT mehr so sehr auf die Finger schaut, damit die ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Das ist bei "Redfall" zwar nach hinten losgegangen, sollte aber vielen der Xbox Game Studios eine Lehre sein.

Davon abgesehen werden dieses Jahr "Starfield" und "Forza Motorsport 8" jedoch die sicherlich wichtigeren Exklusivtitel, bei denen Microsoft abliefern muss. Und auch sonst hat Microsoft so einige Produktionen im Köcher - man denke z. B. an "Hellblade 2", "Avowed", "Contraband", "Indiana Jones", "Fable", "Perfect Dark", "Everwild" und einige mehr. Hier fehlt es aber einfach an handfesten Informationen geschweige denn an konkreten Terminen, auf die sich Fans freuen können. Wollen wir hoffen, dass der Xbox Showcase am 11. Juni (denkt an unseren Livestream!) viele neue Infos und Releasetermine bietet. Enormes Potenzial haben zumindest alle dieser genannten Games. Aber - und das gehört natürlich auch zur Wahrheit - "Redfall" hatte das ebenfalls.

YouTube: Die Xbox vor dem Aus?!

Zu den Kommentaren (0)

Detailseite Forum Amazon* Xbox Store*

Wie bewertest du das Spiel?

Dieses Rating für registrierte Benutzer lebt von der Qualität der verteilten Sterne. Seid bei eurer Bewertung also fair... [+]: Nur selten hat ein gutes Spiel die Höchstnote verdient und natürlich muss auch ein schwächeres Spiel nicht gleich immer komplett abgestraft werden. Je objektiver ihr eure Sterne vergebt, desto aussagekräftiger ist am Ende die Gesamtwertung. [–]